Fliege, Fliege: Trippellieschen
trippelt, trappelt auf sechs Füßchen.
Trippelliese ging durchs Feld,
fand ein hübsches Sümmchen Geld,
kaufte, weil sie reich jetzt war,
einen großen Samowar.
„Kakerlaken, kommt herbei!
Ihr sollt meine Gäste sein!“
Und die Kakerlaken kamen,
trinken Tee und naschen Sahne.
Auch die Wanzen, Zecken, Käfer
krabbeln schnell herbei,
alle trinken gern ein Täßchen,
manche sogar zwei.
Kuchen gibt es und Gebäck,
jeder nimmt sich, was ihm schmeckt.
Dazu Oma Bienes Topf,
hei, aus dem der Honig tropft.
Selbst die hurtige Libelle
bleibt heut’ lange zu Besuch.
Auf dem Tischtuch bleiben Flecken
von dem Pflaumenmus.
Grillen, Flöhe sind zu Gast,
haben etwas mitgebracht:
Schühchen für das Trippellieschen,
drei Paar Schühchen für die Füßchen.
Heut’ ist Feiern angesagt:
Trippellieschens schönster Tag.
Plötzlich huscht an einer Wand
eine alte Spinn’ entlang,
schleicht zur Fliege, schleppt sie fort
in ihr Netz: ein finst’rer Ort!
„Liebe Gäste, Hilfe, Hilfe!
Böses führt die Spinn’ im Schilde,
quälen, töten wird sie mich.
Bitte, laßt mich nicht im Stich!“
Doch die Käfer, voller Schrecken,
rennen, um sich zu verstecken.
In die Ritzen und die Ecken
schlüpfen Wanzen, Motten, Zecken.
Auch die Flöhe haben Angst
und verschwinden in den Schrank.
Unter’s Bett und unter’s Laken
kriechen schnell die Kakerlaken.
Sirren hört man die Propeller:
Husch – und fort ist die Libelle,
nur die Hummel ist noch schneller.
Alle fliehen kreuz und quer.
Keinem liegt am Kämpfen sehr.
Ja, sogar die Heuschrecke,
die so lustig zirpt und singt
wie ein kleines Menschenkind,
Hüpf, Hüpf, Hüpf,
hüpft erst in die Ecke,
unter eine Decke,
dann in einen Strumpf
und verstummt.
Zitternd liegt das Trippellieschen,
zappelt hilflos mit den Füßchen,
von der Spinne fest verschnürt,
die nun höhnisch triumphiert:
„Du gehörst jetzt mir!“
Ach, leb wohl, du arme Fliege.
Allen gabst du Speis und Trank,
keiner hat es dir gedankt.
Plötzlich sieht man in der Ferne
eine leuchtende Laterne.
Sie gehört dem Schmetterling,
der sein Schwertchen mutig schwingt.
„Zeig dich, altes Spinnentier!
Ich hab’ keine Angst vor dir!“
Und er fliegt zum Spinnennetz,
wo die Spinn’ die Zähne fletscht.
Tapfer kämpft der Schmetterling
mit der Spinne – und gewinnt.
Humpelnd zieht die Alte fort,
keiner weiß, an welchen Ort.
Rasch befreit wird nun die Fliege
von dem kleinen, kühnen Sieger –
kleiner schöner Schmetterling.
Dieser wirft sich Trippellieschen
vor die Trippel-Trappelfüßchen.
„Ich hab’ dich, du süßes Weib,
aus dem Spinnennetz befreit.
Sei mir gut und werde mein,
heute noch soll Hochzeit sein!“
Aus den Ritzen und Regalen
eilen Käferchen und Schaben.
Aus den Löchern, aus den Ecken
kommen Wanzen, kommen Zecken.
Flöhe, Heimchen, Heuschreck’ hüpfen,
schwenken fröhlich ihre Mützchen.
„Hipp, hipp, hurra“, ein jeder singt,
„es lebe hoch der Schmetterling!“
Sirren hört man die Propeller,
husch – da ist schon die Libelle,
nur die Hummel war noch schneller.
„Spielt jetzt auf, ihr lieben Gäste,
musiziert zu meinem Feste.“
Heut’ ist Feiern angesagt
auf der großen Wiese,
denn es ist mein Hochzeitstag.“
So sprach Trippelliese.
Glühwürmchen entzünden Feuer
hell, behaglich wird die Feier.
Wespe, Grille und Libelle
bilden fröhlich die Kapelle.
Do, re, mi, mus-mus, summ-summ,
fa, so, la, sim-sim, brumm-brumm.
Auch die Tausendfüßler kommen,
schlagen Zimbal und die Trommeln.
Geigen und Fagotte
spielen Käferchen und Motte.
Diddeldi, diddeldei, dada-dum.
Fiddeldi, fiddeldei, bada-bum.
Da hebt Trippellieschen
artig ihre Füßchen,
faßt am Arm den Schmetterling,
und der Hochzeitstanz beginnt.
Flöhe dreh’n sich mit den Faltern
stundenlang zu einem Walzer.
Einen Reigen wagen
schüchtern auch die Schnaken
mit den Kakerlaken.
Außer Atem tanzen
feuerrote Wanzen.
Zwischendurch hört man das Quasseln
aufgeregter Kellerasseln.
Oma Biene summt schon wieder
ihre ururalten Lieder.
Und die Zecke zupft zur Feier
fröhlich auf der kleinen Leier.
Heut’ ist Feiern angesagt,
denn es ist ein großer Tag.
Heute auf der Blumenwiese
feiern Hochzeit Trippelliese
und der schöne Schmetterling.
Und das Volk, es lacht und trinkt,
bis ein neuer Tag beginnt.
Mnemosina e.V.
Verein für europäische Erinnerungskultur
Mnemosina e.V. - Verein für europäische Erinnerungskultur | Kaiserswerther Str. 4 | 50739 Köln