Mnemosina e.V. - Verein für europäische Erinnerungskultur

Lyrik [russisch - deutsch]

Prosa [russisch - deutsch]

Dokumente [russisch - deutsch]

< Übersetzungen

Lyrik [deutsch - russisch]

Strophen

Und zum Abschied nur – Schweigen.

Grammophon tönt im Hof.

Hier auf Erden ist Scheiden

nur ein Vorwort zum Tod.

Bis zum Ende schließt jeder

seine Augen allein.

Und so liegen wir später

auch im Grab nicht vereint.

 

Wer auch Schuld hat von beiden:

Ist der Fall vor Gericht,

wird nicht weniger leiden,

wen man schuldlos dann spricht.

Letzten Schritt vor der Schwelle

der Gewißheit getan:

Paradies nicht noch Hölle

sehn als Paar uns fortan.

 

Wie ein Pflug, seine Messer,

tief zerfurchen das Land,

spaltet Wahrheit noch besser

als die sündigste Hand.

Nicht aus Schuld, aus Versehen

die Karaffe zersprang.

Macht denn Gram ungeschehen,

daß da Wein uns zerrann?

 

Was einst tief war zusammen,

wird nun tiefer im Riß.

Kein Lorgnette, kein Verlangen

hilft: Die Bühne erlischt.

Uns dagegen zu wehren,

wäre stur und nicht klug.

Leben lernen die Scherben

wie gelebt einst der Krug.

 

Ob randvoll unsere Kelche,

ob die Neige uns eint –

nur das Maß ist dasselbe,

nicht die Wirkung des Weins.

Keineswegs wird‘ ich sterben,

wenn in kommender Zeit

außer ähnlichen Kerben

nichts gemeinsam uns bleibt.

 

Nicht in Fremde geschieden.

Doch geht Scham mit einher,

da verschieden wir fühlen

bei dem Wort „nimmermehr“.

Was nun bleibt: kondolieren,

wie auch trauernd wir sind.

Dann den Tod zu halbieren,

der beim Frühstück beginnt.

 

Man zersägt einen Ast hier,

dort zerschneidet man Garn.

Was wir waren und was wir

nicht konnten bewahr’n,

das verhüllst du in Schweigen,

denn im Laufe der Zeit

ist nicht Glück mehr zu greifen,

bloß Details – die des Leids.

 

Der Gedanke: „Nie wieder“

läßt dies Land zur Vision

eines Weltalles werden,

das zwar an Dimension

- weil auf Ruhm es versessen –

sich mit jeglichem Reich

hinter Lethe kann messen.

Doch tiefschwarz weiterreicht.

 

Alle Spuren vernichten?

Noch dazu mit Gewalt?

Diese Zeilen verdichten

nur der Not Widerhall.

All der Klatsch, das Gerede

hat gezeigt nur zu gut:

Man bemerkt wohl die Fehde,

nicht die Seelen im Flug.

 

Daß zu mir nicht ein Quälgeist

und zu dir kein Cherubim

dieser Meute den Weg weist,

nichts verrät, wo wir sind –

sei zum Abschied nur Schweigen.

Nur der Musenchor singt

zu dem posthumen Leiden,

das dem Leben entspringt.

 

1968

 

 

Mnemosina e.V. - Verein für europäische Erinnerungskultur

Mnemosina e.V.

Verein für europäische Erinnerungskultur

Mnemosina e.V.  - Verein für europäische Erinnerungskultur | Kaiserswerther Str. 4 | 50739 Köln

 

Urheberrecht & Datenschutzerklärung