Mnemosina e.V. - Verein für europäische Erinnerungskultur

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Lyrik [deutsch - russisch]

Das Telefon Телефон

1

 

Es klingelte mein Telefon.

Ich nehm’ den Hörer ab, und schon

trompetet es im tiefsten Ton:

„Humpa-Humpa, Humpa-paa.“

 

„Wer ist denn da?“,

frag’ ich gespannt.

 

„Der Elefant

vom Humpa-Tumpa-Land.“

 

„Was willst du denn von mir?“

 

„Welch eine Frage!

Schokolade!“

 

„Wozu?

Für wen ist sie bestimmt?“

 

Für’s Elefantenkind,

das Kuno heißt,

falls du’s nicht weißt.“

 

„Na, einerlei,

die Schokolade werd’ ich schicken.“

 

„Das wäre ganz entzückend.“

„Wieviel soll es denn sein?“

 

„Nicht mehr als eine Tonne,

sonst schmilzt sie in der Sonne.

Und Kuno ist ja auch noch klein.

Nein, mehr davon wär’ nicht gesund,

sonst wird das Kind noch dick und rund.“

 

 

2

 

Ein Weilchen später.

Das Telefon macht klingeling.

Ich nehme ab. Sofort erklingt

ein Schrabb-Schrabb-Schrabb-Schraa.

„Wer spricht denn da?“

„Das Krokodil

vom Blauen Nil.

Ich brauch’ vier neue Brillen.“

„Wozu soviel,

um Gottes willen?“

 

„Nun, eine Brille ist für mich,

die steht mir sicherlich

ganz wunderbar.

Schrabb-Schrabb-Schrabb-Schraa.

 

Und eine ist für meine Frau:

Mit Brille sieht sie klüger aus.

 

Und dann die Alligator-Dame,

Scha-Coco ist ihr Name.

Sie mag kein grelles Licht,

’ne Sonnenbrille wünscht sie sich.

 

Und dann brauch’ ich speziell noch eine

für Kroki, unsere Kleine.“

 

„Für Kroki?“

 

„Ja, ja, für unser jüngstes Krokodil,

das leider schielt.“

 

„Na gut, ich schicke dir die Brillen,

schon um der kleinen Kroki willen.“

 

„Schrabb-Schrabb-Schrabb-Schraa“,

so dankt vieltausendmal

das Krokodil

und weint am Ende dieser Szene

gerührt noch eine dicke Träne.

 

Und ich bin selber tief gerührt,

denn selten zeigt ein Krokodil

ein solches Zartgefühl.

 

 

3

 

Und wieder klingelt’s Telefon.

Ich gehe dran, und schon

fragt mich ein Pinguin:

„Kennst du das Land,

wo die Zitronen blüh’n?“

 

Und fünf Minuten später der Schakal:

„Ach, schick mir doch ’nen warmen Schal.“

 

Es ruft mich an das Känguruh,

das hüpft beim Reden immerzu,

und ich versteh’ nur „Boxhandschuh“.

 

 

4

 

Und abends, ja, ich schlafe schon,

da schellt und schellt das Telefon.

Es ist der Kongo-Papagei,

der sagt, daß er in Hongkong sei,

und fragt noch nebenbei,

wie spät es sei.

 

Ich schrei’ erzürnt in meinen Hörer:

„Du ..., du ..., du ... Ruhestörer!

Es ist schon zehn vorbei.

Daß du dich unterstehst ...!“

 

„Zehn Uhr, so spät, so spät!“,

krächzt nur der Papagei.

 

„Ja“, brülle ich, „nach zehn!

Und höchste Zeit, ins Bett zu geh’n!“

 

„So, höchste Zeit, ach was, ach was.

Doch sag, warum bist du noch wach?“

 

 

5

 

Früh klingelt schon das Telefon.

Ich nehme ab. Kein Ton.

Die Leitung ist ganz stumm.

 

„Hallo, ist da denn wer?“,

frag’ ich.

 

Es ist der Bär.

Doch alles, was man von ihm hört,

ist ein Brumm-Brumm,

Brumm-Brumm.

 

„Hei, Bär, was knurrst du hier herum?

Na sag schon, was du willst!“

 

Doch wieder ist es still,

und dann „Brumm-Brumm.

Brumm-Brumm. Brumm-Brumm.“

 

Wozu, weshalb, warum

versteh’ ich nicht.

 

„Mein guter Bär, ich bitte dich,

mach’ deinen Mund schon endlich auf,

ansonsten leg jetzt auf!“

 

 

6

 

Es klingelt. Was? Na, was denn schon?

Natürlich ist’s das Telefon.

 

Und ach, du Schreck, es ist die Schlange,

die redet für gewöhnlich lange.

 

Sie züngelt, zischelt, flüstert

und plappert und klappert und wispert

vom wunderschönen Pelz des Bibers

und von dem bösen, bösen Tiger.

 

Sie sagt, die Elefanten seien dumm,

und ihre Kinder kugelrund,

denn diese äßen alle Tage

gleich tonnenweise Schokolade.

 

Hochnäsig findet sie Giraffen

und schrecklich laut die Affen,

vor allem die Schimpansen,

die auf den Bäumen tanzen.

 

Sie sagt, sie sei mit Boa eng verwandt,

die ihre Tante sei und sehr charmant,

Constrictor wird sie auch genannt.

„Ich mach’ euch irgendwann bekannt.“

Mir wird so langsam bang:

Wird sie noch fertig heute?

Sie kennt so viele Leute.

 

Doch endlich nach zwei Stunden

– mir tut das Ohr schon weh –

hat sie zum Schluß gefunden

und haucht ins Telefon „Adieu“.

 

 

7

 

Kaum lege ich den Hörer nieder,

da klingelt es schon wieder.

Es ist erneut der Bär,

und aufgeregt brummt er:

„Meinem Freund, dem Walroß, geht es schlecht.

Brumm-brumm, ganz schlecht, brumm-brumm.

Denn stell dir vor, der Nepomuk, der Nepomuk

hat einen Seeigel verschluckt!“

 

 

8

 

So geht’s den lieben langen Tag.

Mal bimmelbimm, mal dingelding,

mal ringering, mal klingeling.

Ich hätte so gern mal etwas Ruh’,

doch schellt’s und läutet’s immerzu.

Und was für dummes Zeug!

Zum Beispiel heut’ –

da klingelte das Telefon.

Ich gehe dran, und schon

hör’ ich gleich zwei Gazellen,

aus einer Fernsprechzelle,

die singen, oh, wie nett,

zusammen ein Duett:

 

„Ist’s wahr, daß alle Wellen,

die durch die Meere schnellen,

an Strand und Fels zerschellen?“

 

„Ich denke nicht, daß Meereswellen

in Wirklichkeit zerschellen.

Denn es entstehen immer neue Wellen,

die durch die Meere schnellen.“

 

„Ist’s wahr, daß alle Wellen,

die durch die Meere schnellen,

an Strand und Fels zerschellen?“

 

Wie dumm sind bloß Gazellen!

Die närrischen Gesellen,

sie hören gar nicht hin:

 

In solchen Fällen

tut man, was man tun muß:

Man legt den Hörer auf und Schluß.

 

 

9

 

Kaum leg’ ich mich aufs Sofa nieder,

ja, bimmelbimm, da läutet es schon wieder.

Ich nehm’ den Hörer ab und frage bloß:

„Was ist denn jetzt schon wieder los?“

 

Das Nashorn ist es dieses Mal,

und schnaubend brüllt es: „Wie fatal,

ein großes Unglück ist gescheh’n.

Das hat die Welt noch nicht geseh’n!“

 

„Mal sachte, altes Nasentier,

erzähl erst mal, was ist passiert?“

 

„Ach, unser Flußpferd steckt im Sumpf

und sinkt, – versunken schon der halbe Rumpf.

Es kann nicht vor und nicht zurück.“

„Herjeh“, sag’ ich, „wie ungeschickt.“

„Komm schnell und hilf es rauszuzieh’n!“

„Ok“, sag ich, „ich werde mich bemüh’n.“

 

 

10

 

Aber, oh weh, ein Flußpferd aus dem Sumpf zu retten –

das wird kein Pappenstiel, da möcht’ ich wetten!

 

 

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