Im Rahmen der Ausstellung hatte unser Verein zwei Opfer der Reaktorkatastrophe für eine Woche nach Köln eingeladen, um bei öffentlichen Veranstaltungen im Studio Dumont und im Lew-Kopelew-Forum von ihren Erlebnissen und ihrem Leben vor und nach Tschernobyl zu berichten. Die Begegnungen mit Valentina Anikejewa (Ukraine)und Jewgenija Filomenka (Belarus) waren für viele Zuhörer erschütternd. Wir danken beiden Zeitzeuginnen, denen wir uns in herzlicher Freundschaft verbunden fühlen, für ihre Bereitschaft, ihre schmerzhaften Erinnerungen und Erfahrungen uns und dem Kölner Publikum zu vermitteln.
„Am Sonntagmittag wurde über das Radio verkündet, dass die Einwohner von Pripjat wegen „ungünstiger Strahlen-Bedingungen“ für drei Tage evakuiert würden. Die Bürger sollten sich gegen 14 Uhr mit ihren Ausweispapieren und einem Verpflegungspaket vor den Hauseingängen versammeln. Dort würden sie von Bussen abgeholt. Bis 16 Uhr standen wir vor den Häusern in der Sonnenhitze, ohne jegliche Schutzmassnahmen, die Kinder begannen zu quengeln und wollten mal trinken, mal etwas zu Essen haben. Die Polizei mit Einwohnermeldelisten wachte jedoch streng darüber, dass niemand mehr in die Häuser zurückging.
Als endlich die Busse kamen, ging alles ohne Panik, Lärm und Geschrei vor sich – die Menschen, die in sowjetischer Disziplin erzogen waren, folgten einfach den Anweisungen. Die Busse bildeten eine kilometerlange Schlange und keiner wusste, wohin wir gebracht würden und wie lange wir dort bleiben sollten. Jedoch konnte sich damals keiner vorstellen, dass wir nie wieder zurückkehren würden in diese junge, wunderbare, aufblühende Stadt.“
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„Nach dem Abschluss der Uni in Kiew arbeitete ich in Narowlja als Diplom-Gastronomin, war glücklich verheiratet und hatte zwei gesunde Kinder. Die Tschernobylkatastrophe hat unser Leben drastisch verändert. Am Sonnabend früh, am 27.4.1986, wussten schon viele Einheimische, dass sich im AKW Tschernobyl eine Havarie ereignet hatte. Mehrere Leute aus Narowlja und Umgebung arbeiteten dort als Feuerwehrleute und Wachmänner, aber kein Mensch konnte sich damals vorstellen, dass dort eine Katastrophe solchen Ausmaßes ausbrechen würde. Meine Schwiegermutter wohnte in einem Dorf unweit des Reaktors. Nach der Katastrophe fuhr ich mit dem älteren Sohn dorthin, um nach ihr zu sehen. Das war nach der Maidemonstration. Es kamen Ärzte ins Dorf mit einem Krankenwagen. Alle Kinder wurden untersucht. Meinem Pawel wurden auch Blutproben entnommen. Eine Laborantin flüsterte mir ins Ohr :,Fahren Sie sofort weg!’ Ich habe geantwortet: ‚Wir wohnen nicht hier, wir wohnen in der Kreisstadt.’ Sie hat erneut geflüstert. ,Weg von hier! Sofort!’“
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Mnemosina e.V.
Verein für europäische Erinnerungskultur
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